Wir sollten etwas systemischer denken, was das Thema des Einfahrens betrifft.
Ein Verbrennungsmotor - oder Hubkolbenmotor technisch beschrieben - ist ein anderes System, als eine E-Maschine.
Im ersten Fall muss ich lineare Bewegung in drehende, also rotative übersetzen, beim andern nutze ich Magnetfeld-Kräfte um direkt eine Welle in Drehung zu versetzen.
Dazu gehören auch alle weiteren Komponenten und Lagerstellen, beim Verbrenner wurden schon die Ventilsitze genannt, darüber hinaus gibt es diverse Gleitlager, an der Kurbelwelle, der Nockenwelle und den Ausgleichswellen. Diese Kontaktflächen laufen bei einem Verbrennungsmotor aufeinander ein, was gewünscht und gut ist - aber eine Idee an Zeit braucht (man sagt ca. 1.500-2.500km).
Das alles benötigt ein Elektro-Motor nicht - es gibt keine auszugleichenden Schwingungen aufgrund der linearen Kolbenbewegungen und lediglich eine Lagerung an den beiden Wellenenden des Rotors.
Denn die E-Maschine hat nur eine bewegte Komponente, den eben erwähnten Rotor, der im feststehenden Statorgehäuse durch den durch die Leistungselektronik gesteuerten Magnetfeld zum Drehen bewegt wird.
Diese Lager im E-Motor sind zumeist Wälzlager in der Art von Nadelrollen- oder Kegelrollenlager und laufen auf sehr fein bearbeiteten Laufbereichen. Hier findet kaum ein wirklicher Einlauf statt.
Eine gewisse Gemeinsamkeit gibt es jedoch, welches das Getriebe wäre.
Freillich haben übliche eAutos kein Schaltgetriebe (egal ob manuell oder automatisch), sondern ein Ein-Gang-Reduktionsgetriebe, um die hohe Drehzahl des E-Motors (bis zu 30.000 Umdrehungen/min) in Drehmoment zu wandeln. Im Übrigen spielt es hier im Grunde keine Rolle, ob man ein Schaltgetriebe oder ein fest übersetztes (1-Gang) hat.
Hier werden die Zahnflanken durch das schnell anstehende Drehmoment doch etwas mehr gefordert, als beim üblichen 100-150PS Verbrennungsmotor, da das Drehmoment, also die aufgebrachte Kraft, sich langsamer aufbaut.
Daher kann man schon darüber nachdenken, auch bei einem Elektro-PKW einen Getriebeölwechsel nach einer ganzen Weile durchzuführen - beim Verbrenner liegt man hier bei rund 60.000km, bei manchen auch erst nach über 100.000km.
Bzgl. des Akkus ist es so, dass diese nicht "nagelneu", frisch aus der Zellfertigung ins Auto eingebaut werden, sondern bereits "formiert" (s.a. Lithium Ion battery formation) wurden, also bereits einige Zyklen durchhaben, bevor diese überhaupt dann im finalen PKW eingesetz werden.
Daher kann man hier auch nicht mehr viel verbessern, durch die weiteren Lade- und Entladezyklen.
Über die Nutzungszeit aber, kann man viel zu beitragen, den State-Of-Health (Gesundheitszustand/Gesamtkapazität) des Akkus länger zu halten, in dem man einfach bis 70-80% läd, wenn man nicht mehr benötigt. Wenn man mal 100% benötigt, ist es gut, diese im Rahmen einer Reise auch zügig abzubauen und nicht über lange Dauer (Tage und Wochen) permanent zu halten.
Bei allen PKW, die über eine Nutzbremse, also Rekuperation verfügen, sollte man beim Einfahren der Bremen, wie schon von den anderen beschrieben, etwas mehr Acht geben und vielleicht anfangs mit einer kleineren Reku-Stufe, also weniger Rekuperation fahren und mehr moderat wegbremsen, damit sich Bremsbeläge und Bremsscheibe aufeinander einspielen können.
Halten wir in der Kürze fest:
_ Ein motorseitiges Einfahren wie beim Verbrenner gibt es beim BEV nicht
_ Jedoch empfiehlt es sich dennoch, für das Getriebe anfangs etwas "sachte" zu machen
_ Ein Akku ist nie "nagelneu", wenn er im Auto verbaut wird, dieser wird von Werk aus für die Nutzung eingerichtet
_ Die sachkundige Nutzung des Akkus kann die Originialkapazität länger erhalten
_ Das Einfahren von Reifen und Bremsen verhalten sich identisch, wie bei jedem andern PKW auch
Quellen:
Lithium-ion battery cell formation: status and future directions towards a knowledge-based process design - Energy & Environmental Science (RSC Publishing) DOI:10.1039/D3EE03559J